Immer mehr Therapeuten werben mit einem ganzheitlichen Ansatz. Den finden wir PferdebesitzerInnen ganz großartig, wollen wir doch nur das Beste für unsere Lieblinge. Dabei wird leider oft das Pferd aus dem Fokus verloren.
Wie ganzheitlich sind die Therapieansätze?
Landauf landab treffe ich immer wieder auf Pferd-Mensch-Gespanne, die sich sehr zugetan aber mit der Gesamtsituation unglücklich sind. Häufig wird schon ewig und drei Tage an dem Pferd herumlaboriert. Die Therapeuten geben sich die Klinke in die Hand und die Besitzerin hat eher das Gefühl, dass es nicht besser wird. Was ist hier los?
Die Psyche spielt eine Schlüsselrolle
Meist läuft es so ab: Die Pferdebesitzerin bemerkt ein Problem bei ihrem Liebling. Mit eigenen Mitteln kommt sie nicht weiter, so dass sie eine Spezialistin um Unterstützung bittet. "Einmal mehr gefragt ist besser, als einmal zu wenig." Soweit so gut. Der Therapeutin wird also das Problem genannt und diese versucht, es zu lösen. Das Verhängnis: Das Pferd wird häufig nicht als Wesen wahrgenommen, sondern als Problem. Das Pferd steht nicht im Fokus des Geschehens, sondern das Problem.
Ich kann mich davon nicht ausnehmen. Gerade vor ein paar Tagen hat mir Sammy gesagt, dass er es grundsätzlich gut findet, dass wir zwei zusammen mit der Trust Technique arbeiten. Auch die Bemerdecke gefällt ihm gut. Aber er hat vermisst, dass ich mich um ihn kümmere. Er wollte gekrault und wahrgenommen werden. Danach war er bereit für die Therapie. Bei allen Anstrengungen, unserem Pferd zu helfen, dürfen wir seine Bedürfnisse nach Zuwendung, Bewegung und Spiel nicht vernachlässigen, weil es sonst den Lebensmut verlieren kann.
Die Psyche der Pferde wird von uns gerne mal außen vor gelassen. Aber auch Pferde haben ihre Themen, wie mir sicherlich jede Pferdebesitzerin bestätigen kann. Sie sind fühlende Wesen und möchten nicht auf ein Problem reduziert werden.
Geht es uns nicht auch so? Wer möchte schon als eine Nummer betrachtet werden? Oder - ein Beispiel aus dem Vor-Corona-Leben: "Sind Sie das Jägerschnitzel?" Wenig charmant, aber wir haben uns daran gewöhnt. Finden wir es deswegen toll? Nein!
Pferdebesitzer sind die Schnittstelle
Bei der Pferdebesitzerin laufen alle Drähte zusammen. Sie ist diejenige, die ihr Tier am besten kennt - seine Gewohnheiten, Vorlieben und Befindlichkeiten. Bei ihr liegt einzig und allein die Verantwortung für ihr Tier. Als Pferdebesitzerin muss uns bewusst sein, dass wir diese Verantwortung nicht teilen oder gar abgeben können. Wir kaufen lediglich Dienstleistungen ein, die wir nicht selbst leisten können. Dabei müssen wir mit großer Sorgfalt vorgehen. Das bedeutet, dass wir verstehen müssen, was im Pferd so abgeht. Mit etwas mehr Sachverstand und Vertrauen in unsere Intuition können wir unseren Lieblingen viel Leid ersparen und viel mehr Freude aneinander haben.